„Ich mache das, was mir Spaß macht“ Jochen Mesle

Freerider, wie Jochen Mesle,  wollen Skifahren in seiner ursprünglichsten Art erleben. Sie wollen frische Powderhänge als Erste befahren. In unberührter Natur unterwegs sein und der eigenen Kreativität freien Lauf lassen ohne Regeln und Zwänge. Jochen Mesle liebt diese Freiheit…für Foto- und Videoproduktionen reist er um die ganze Welt, immer auf der Suche nach dem perfekten Powder. Doch Jochen Mesle fasziniert auch der Wettkampf, sich messen mit anderen Freeridern, das gehört für Jochen Mesle auch zu einer perfekten Wintersaison.

Powder-Action mit Jochen Mesle

Fast jeder gute Freerider hat zu Beginn seiner Karriere Wettkämpfe bestritten. Doch weil sie die Freiheit vermissen, haben viele Freerider irgendwann genug vom Contestfahren. Sie konzentrieren sich dann ausschließlich auf Foto- und Videoproduktionen. Bei Jochen Mesle ist das anders…

Ja, da falle ich vielleicht etwas aus der Reihe. Doch mich reizen beide Seiten. Das spannende beim Contestfahren ist, das du nur eine Möglichkeit hast. Du betreibst einen sehr hohen Aufwand, für eine Fahrt, die oftmals nicht länger als eine Minute dauert. Bei der Freeride World Tour zum Beispiel, hast du ein oder zwei Tage Zeit dir eine perfekte Linie im Berg zu suchen und wenn du dann am Start stehst, liegt dein Fokus auf diesem einen Run.
Bei Videoproduktionen ist das ganz anders. Da bist du freier, du kannst kreativer sein und andere Arten von Freeriden zeigen…für mich ist das insgesamt eine gute Mischung.

Könntest du dich überhaupt für eine Sache entscheiden? Für mich hört sich das eher so an, als ob Jochen Mesle keine Vorlieben beim Freeriden hat.

(lacht)…im Prinzip mache ich das, was mir Spaß macht. Ich kann nicht sagen, dass eine ist besser und das andere schlechter. Ob du nun Contestfahrer bist, oder dich voll auf Videoproduktionen konzentrierst – beides hat seine Vor- und Nachteile. So habe ich beispielsweise über das Contestfahren einige meiner besten Freunde kennengelernt. Du triffst dort immer nette, motivierte Fahrer, allein deshalb lohnt es sich für mich bei einem Contest teilzunehmen.

Die wichtigste Contest-Tour in der Freerideszene ist die Swatch Freeride World Tour. Die FWT gibt es seit 2008. Bei insgesamt vier Rennen (Vallnord Arcalis/Andorra, Chamonix/ Frankreich, Fieberbrunn/Österreich, Haines/Alaska) und dem großen Finale in Verbier /Schweiz messen sich die Besten der Besten. Doch nicht jeder kann an der Freeride World Tour teilnehmen. Bei den Events der Freeride World Tour Qualifier versuchen hunderte Freerider einen der begehrten Plätze in der Eliteklasse zu erhalten – so auch Jochen Mesle. 

„Wenn du oben auf dem Berg stehst, dann hast du keine Zeit mehr dir eine Linie zu suchen“

 

Für viele Freerider ist es ein Traum, einmal an der Freeride World Tour teilzunehmen. Das Teilnehmerfeld ist groß und jedes Jahr drängen junge, hungrige Talente ins Teilnehmerfeld. Wie muss man sich das Miteinander vorstellen, widerspricht das Konkurrenzdenken nicht dem Freiheitsbestreben eines Freeriders?

Klar, jeder sucht die perfekte Linie und will am Ende ganz oben stehen. Doch wenn der andere einen guten Run gefahren ist, dann gönnen wir es demjenigen auch. Bei den Contests geht es nicht nur um den Wettkampf, wir haben insgesamt eine gute Zeit. An den Tagen vor und nachdem Contest unternimmt man sehr viel miteinander. Ich bin jetzt schon eine Weile dabei und jedes Mal freue ich mich, wenn es wieder losgeht.

Worin liegt für Jochen Mesle der Reiz an den Qualifikationsrennen für die Freeride World Tour teilzunehmen? 

Den Reiz macht dieser eine Run aus. Dein Fokus liegt auf diesem einen Run. Wenn du nur so zum Spaß Ski fährst, dann denkst du nicht groß über deine Linienwahl nach. Bei Contestfahren ist das anders. Alles ist auf diesen einen Run ausgelegt. Wenn du oben auf dem Berg stehst und losfährst, dann hast du keine Zeit mehr, dir eine Linie zu suchen. Die Linie musst du bereits im Kopf haben. Und wenn du im Ziel bist und einen guten Run hingelegt hast, dann ist das ein tolles Gefühl.

Das Gelände bei der Freeride World Tour ist extrem steil. Wenn man Videos sieht, dann sieht das alles nicht so steil aus. Wie steil ist das Gelände in Wirklichkeit?

Das ist schwer zu beschreiben. Selbst wenn du bei so einem Rennen als Zuschauer vor Ort bist und auf den Hang schaust, kommt dir das nicht so steil vor, wie es in Wirklichkeit ist. Wenn du so einen Run von unten beobachtest, dann hast du meist Einsicht in den kompletten Hang. Als Fahrer sieht das ganz anders aus. Du siehst teilweise nur zehn Meter weit bis zur nächsten Hangkante. Erst nach der Hangkante öffnet sich das Gelände wieder für die nächsten Meter. Du musst im Vorfeld des Runs, die Linie im Kopf haben. Dazu brauchst du als Fahrer Fixpunkte im Gelände, ohne die funktioniert so ein Run nicht, dafür ist das Gelände viel zu steil.

O.k., das verstehe ich, aber wie wollen denn dann die Judges deinen Run bewerten – die sitzen doch auch unten und haben den kompletten Hang vor sich?

(lacht)…das frage ich mich manchmal auch! Es gibt ein paar Punkte, auf die die Judges Wert legen. Dazu zählt eine interessante Linienwahl, dein Style und welche technischen Schwierigkeiten und Sprünge du in deinen Run einbaust. Insgesamt sechs Judges entscheiden am Ende über deinen Run…in deren Haut möchte ich aber nicht stecken…(lacht)

Die Freeride World Tour gibt es ja gleichzeitig auch für Snowboarder…wäre das nichts für dich?

Nee, Skifahren kann ich schon besser als Snowboarden (lacht), aber es stimmt, früher bin ich viel Snowboarden gewesen. In der Schulzeit habe ich Langlaufen als  Leistungssport betrieben, bis ich mit dem Abitur fertig war. Als Ausgleich bin ich immer Snowboard gefahren, wir haben Schanzen gebaut und sind dort immer drübergehüpft. Für mich hat aber im Ausdauer-/ Leistungssport immer etwas gefehlt. Ein guter Freund von mir war Skifahrer, der hat immer gemeckert warum ich mit dem Snowboard solange brauche und dann habe ich den Skifilm „Yearbook“ von MSP gesehen. Der Film hat mich total inspiriert und es war eigentlich schnell klar, dass ich  Skifahren auch mal probieren sollte. Und mit dem Umzug nach Innsbruck und dem Studium habe ich mich dann voll aufs Skifahren konzentriert.

Das hört sich so an, als ob Jochen Mesle sagt…Skifahren ist viel cooler als Snowboarden.

Nee, überhaupt nicht…im Moment zieht es mich sogar wieder zurück zum Snowboarden. Ich mache da überhaupt keinen Unterschied zwischen Snowboarden und Skifahren. Im Frühling und Herbst bin ich sehr viel mit dem Snowboard unterwegs. Der Vorteil beim Snowboarden ist aber, das du nicht soviel Powder brauchst, damit es richtig Spaß macht.

Welche Ziele hast Du Dir für diese Saison gesetzt?

Anfang des Jahres stehen für mich drei wichtige Contests auf dem Programm. Dort will ich zeigen, was ich kann…und je nachdem wie es läuft, werde ich dann dort weitermachen. Ein weiterer Schwerpunkt in dieser Saison liegt auf Filmproduktionen, da werde ich sehr viel unterwegs sein. Dieses Mal geht’s Richtung Osten, in Gegenden wo noch nicht so viele Menschen Ski gefahren sind. Wir wollen zeigen, wie offen und freundlich dort die Menschen sind…und selbstverständlich versuchen wir am Ende mit schönen Bildern nach Hause zu kommen.

Danke Jochen und viel Erfolg bei der richtigen Line-Wahl. 

Jochen Mesle wird u.a. unterstützt von Sionyx. Schaut doch mal rein in das Interview mit Sionyx-Gründerin Andrea Kämmerer.

Jochen Mesle shot by Hans-Martin Kudlinski

Pics by Hans-Martin Kudlinski und Michael Neumann.

Jochen Mesle

Aufgewachsen in Dürbheim, einem kleinem Dorf auf der Schwäbischen Alb hat es Jochen Mesle dank seiner Eltern schon von klein auf in die Berge gezogen. Nach der aktiven Zeit im Leistungssport Ski Langlauf, wurde Innsbruck zu seiner neuen Wahlheimat. Mit seinem Umzug 2005 nach Tirol wechselte Jochen Mesle auch vom Snowboard auf Ski. Seitdem rockt Jochen Mesle den Freeridezirkus. Jochen Mesle auf Facebook

Sportliche Erfolge

2014/2015 Freeride World Qualifier: 1st place Montafon FWQ 3* (Austria) 2013/2014 Freeride World Qualifier: 3rd place X Over Ride FWQ 3* (Austria) 6th place Axamer Lizum FWQ 3* (Austria) 9th place Engadin FWQ 3* (Switzerland) 10th place Obergurgl FWQ4* (Austria) 2012/2013 Freeride World Qualifier: 1st place X Over Ride FWQ 3* (Austria) 7th place Hochfügen FWQ 4* (Austria) 9th place La Clusaz FWQ 4* (France) 2011/2012 Freeride World Qualifier: 1st place Hochfügen Open (Austria) 5th place Hochfügen FWQ 4* (Austria) 7th place Natureride (Austria) 2010/2011 2nd place Planet Tirol Spot Check Video-Contest 4th place Rock on Snow (Austria) 5th place German Halfpipe Championships 2009/2010 4th place Soulcountry Video-Contest 2008/2009 4th place Nature Ride (Austria) 6th place Wieserevent (Austria)


About the author Sven Papendick rotate

liebt technische Trails, gute Outdoorausrüstung und Skandinavien. Sein Hilleberg hat ihn noch nie im Stich gelassen.

2 Comments

  • Sehr guter Bericht!

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