Schlittenhunde waren nicht das, wovon Silvia Furtwängler schon immer geträumt hat. Viel mehr begann alles mit einem Hund, der sie beim Fahrradfahren begleiten sollte. Doch irgendwann bestritt sie ihr erstes Rennen als Schlittenhunde-Führerin und irgendwann zog sie nach Norwegen, wegen der Schlittenhunde und dem Leben, das man da führen kann. Heute ist sie eine der besten Schlittenhunde-Führerinnen der Welt – eine Musherin, wie es im Fachjargon heißt.

Silvia Furtwängler

Copyright: Silvia Furtwängler

Bei eisiger Kälte, zum Teil tagelang, mit den Schlittenhunden durchs Nirgendwo fahren…worin liegt der Reiz?

Mir geht es darum, eins zu sein mit der Natur und den Hunden. Ein nicht immer leichtes Unterfangen, aber immer wieder schön.

Muss man ein bisschen verrückt sein, um Schlittenhunde-Führerin zu sein, oder?

Verrückt sind für mich Menschen, die mit einem Fahrrad ohne Helm durch den dicksten Verkehr einer Grossstadt fahren. Daher ist ‚ein bisschen verrückt sein‘ für mich eine Sache der Definition. Ich finde, dass das was ich mache, gehört zu meinem Leben dazu und daher ist es für mich nicht verrückt. Man muss eher leidensfähig sein.

Für mich sind nur Schlittenhunde-Rennen interessant, die ich noch nie gefahren bin

 

Warum musst Du Dich mit anderen bei Rennen messen, würde es nicht auch einfach ausreichen, dies als Hobby zu machen? Wo liegt da der Unterschied?

Es gibt natürlich viele Hobby-Musher, die auch an Rennen teilnehmen, aber Profi-Musher sind Menschen, die an einem Punkt in ihrer Hobby Laufbahn angekommen sind und sich fragen, wohin geht der Weg. mach ich so weiter wie bisher, oder wage ich den Sprung und widme mich voll und ganz dem Sport, mit allem wenn und aber. Bei mir geht es nicht darum, sich mit anderen zu messen. Für mich sind in der Regel immer nur Rennen interessant, die ich noch nie gefahren bin. Habe ich ein Schlittenhunde-Rennen mal bestritten, fahre ich es selten ein zweites Mal. Das ist für mich so wie bei einer Expedition, hast du es einmal geschafft, schaut man schon nach dem nächsten Abenteuer

Deine Schlittenhunde müssen fit sein, um die Strapazen durchzuhalten, wie sieht es mit Dir aus…wie hält du dich fit?

30 Hunde jeden Tag zu füttern, morgens und abends, jeweils 30 Kilo durch einen Zwinger schleppen, der entweder glatt oder voll mit Schnee ist, das hält schon fit. Krafttraining brauch ich keines mehr. Im Sommer unternehme ich sehr viele Touren zu Fuß, so dass ich fit bin, um acht oder mehr Stunden auf dem Schlitten zu stehen.

…und wie hältst Du Dich warm?

Mit sehr guter Bekleidung. Nur bin ich sowieso keine Frostbeule und fühle mich bei – 20 Grad sehr wohl.

Schlittenhunde-Führerin Close Up: International dog racing from Toliatii to Kazan - Volga Quest. Podgori - Sengeley 110 km

International dog racing from Toliatii to Kazan – Volga Quest. Podgori – Sengeley 110 km

Du stehst bei so einem Schlittenhunde-Rennen, mitunter stundenlang, alleine auf dem Schlitten…wie schafft man es, immer konzentriert zu sein?

Dadurch, dass man nicht nur steht und auch sehr viel mithilft, bleibt man schon wach.  Wenn ich mal nachlasse, dann singe ich, das weckt mich wieder auf und erst recht die Hunde (lacht). …Ich kann nicht singen…

Schlittenhunde-Rennen und der weite Weg zur Toilette

An was denkst Du, wenn Du über Stunden mit den Schlittenhunden durch diese weiten Landschaften fährst? 

Ich denke wirklich nicht viel, immer nur von Checkpoint zu Checkpoint. An das, was ich im nächsten Checkpoint erledigen muss. Gedanken an zu Hause und an alles was nichts mit dem Rennen zu tun hat, die verwerfe ich, die stören nur.

Wie sieht das eigentlich aus, wenn du mal auf die Toilette musst…hält man da einfach an und bindet die Hunde an einen Baum? 

Cool, das stelle ich mir gerade vor. Das Problem: Dort wo ich bin, gibt es ja nur selten Bäume und ein 16-Hunde-Gespann bindet man nicht einfach mal an. (lacht) Nein, in der Regel verkneife ich das stundenlang. Sollte es wirklich nicht mehr gehen, ziehe ich mir die Hose während des Fahrens runter und versuche, beim Wasser lassen, nicht von den Kufen zu fallen. Bis jetzt habe ich es immer noch ohne Sturz geschafft.

International dog racing from Toliatii to Kazan - Volga Quest. Podgori - Sengeley 110 km

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Du lebst in Norwegen, bist aber Deutsche…was denken die Norweger über Dich, wenn sie hören, dass Du Profi-Musherin bist…schütteln die mit dem Kopf und denken, diese verrückte Deutsche? 

Nein, hier in Norwegen gibt es noch sehr sehr viele von meiner Sorte – nicht Deutsche aber Norweger.

Du hast ca. 40 Hunde, kannst Du Dir ein Leben ohne Hunde eigentlich vorstellen? 

Nein

Hundepause für den Nachwuchs der Schlittenhunde

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Wer die Hardangervidda kennt, der weiß, wie einsam es dort ist, gerade im Winter…was fasziniert Dich an der Einsamkeit?

Für mich bedeutet es Stille und Frieden, auf sich selbst gestellt zu sein. Eins sein mit der Natur, ein irres, tolles Gefühl, das ich nicht mehr missen möchte.

Ich habe die Hardangervidda schon ein Paar mal durchwandert. Mich fasziniert immer diese Weite, dieses nicht eingeengt sein…Wie geht es Dir da?

Mir geht es da wie dir. Alleine wenn ich schon hier aus meinem Fenster raus schaue, diese unendliche Weite sehe, wo man weiß, so schnell ist da keiner. Hier habe ich das Gefühl, ich kann frei Atmen.

Nachtarbeit der Schlittenhunde-Führer

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Wie orientierst Du Dich? Es gibt für euch Muster in dieser weiten Landschaft nicht viele Anhaltspunkte…

Ich habe da so einen innerlichen Kompass und scanne oft die Landschaft und ob man es glaubt oder nicht, es gibt viele Anhaltspunkte, man muss sie nur sehen und erkennen.

Ob nun bei einem Rennen oder einer Trainingsfahrt, immer kann mal etwas passieren…wie verhält man sich in so einem Fall…hast Du eine Leuchtrakete oder ein Satelliten-Telefon mit? 

Wen ich ganz alleine bin, habe ich einen Spot bei mir und Leuchtraketen. Mit dem Spot kann ich über Satellit Nachrichten verschicken, wenn ich in Not bin. Dieser sendet dann die genauen GPS Daten.

Wie finanziert sich Euer Leben? Wir konnten lesen, dass Du allein für das Tierfutter Ausgaben von 1000 Euro im Monat hast? Das muss eine Menge mit Leidenschaft zu tun haben…

Ja, oft haben wir das alles selber finanziert, mit viel arbeiten gehen. Ich gebe Seminare und „Dia-“Vorträge und ich schreibe ja noch Bücher. Der Vorteil als Profi-Musher ist aber auch, dass immer mehr Firmen auf mich aufmerksam werden und mich unterstützen möchten. Nichts anderes als bei andern ProfiSportler. Im Moment sind es LEDlenser und Dr. Clauder’s. Beide ermöglichen mir, dass ich mir für diese Winter Saison keine Sorgen machen muss.

Danke Silvia. Wir wünschen Dir für die kommende Wintersaison und natürlich auch für die Folgenden alles Gute! Silvia Furtwängler findet ihr hier oder hier

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About the author Claudia Klingelhöfer rotate

träumt auch im Sommer manchmal von der perfekten Powderabfahrt, hat aber auch nichts gegen einen hakeligen MTB-Trail und einen Sonnenuntergang mit Bergblick.

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